So langsam glaube ich, dass ich alt werde … – jedenfalls habe ich schon lange nicht mehr in wenigen Wochen so widersprüchliche, aufeinanderfolgende Nachrichten gelesen und versucht sie zu verdauen!
- Weder war das Gefühl vergangen, das wegen dem Anschlag auf Charlie Hebdo am 07.01.2015 entstanden war (und sich für “grenzenlose” Meinungsfreiheit einsetzte),
- noch war der Satz der Bundeskanzlerin Angela Merkel (anlässlich des Besuchs des türkischen Ministerpräidenten Ahmet Davutoglu) am 12.01.2015 vergessen: “Der frühere Bundespräsident Christian Wulff hat gesagt: Der Islam gehört zu Deutschland. Und das ist so. Dieser Meinung bin ich auch.”, …
- vielmehr war auch die Situation noch lebendig vor Augen, dass die Pegida-Demo in Dresden am 19.01.2015 wegen genau der Befürchtung durch die Polizei abgesagt wurde, weswegen die Presse & Politik die allesamt “rechten Volltrottel” seit Wochen beschimpfte (Berliner Zeitung: “Die Absage (…) geht auf konkrete Drohungen islamistischer Extremisten” zurück …),…
da spülte mit einigen Tagen Verspätung ein neues – “noch wichtigeres” – Thema in die Wohnzimmer:
BREMEN “Olaf Latzel hat zu Unrecht eine vor den Latz bekommen“! Da predigt am 18.01.2015 der evgl. Pastor Latzel anhand eines AT-Textes doch glatt über den einzig wahren Gott der Bibel! Und das in einer evangelischen Kirche … – Die Staatsanwaltschaft ermittelt angeblich wegen Volksverhetzung. – Die “Volker Becks” dieser Welt fassen sich ans Herz. – Die pressegläubigen Kirchenfürsten tun es ihm gleich: “O weh, da glaubt einer was in der Bibel steht” … – da kommt bestimmt Mord und Totschlag bei raus? Neben einigen in der Tat unnötigen Kraftausdrücken, wird dieser Satz seiner Predigt jedoch meistens nicht zitiert:
dass wir Christen „… den Menschen muslimischen Glaubens in Liebe und Barmherzigkeitzu begegnen“ haben. „Und wenn sie (die Muslime) verfolgt werden, dann haben wir uns vor sie zu stellen. Das ist unsere Aufgabe als Christen“
(vgl. die Stellungnahme des Bremer Presbyteriums: http://www.st-martini.net/files/SMG_Stellungnahme_20150208.pdf)
- Nein, dafür kann es neuerdings keine Meinungsfreiheit mehr geben …?
Eine Binsenweisheit, nämlich dass Muslime und Christen nicht den gleichen Gott anbeten (ist doch Jesus im Koran weder gekreuzigt, noch auferstanden, noch Gottes Sohn, noch ist Gott ein drei-einiger Gott, etc.), wird neuerdings in Deutschland zum Politikum. – geht’s noch?!
BERLIN “Sheik Al-Eila hat zu Recht eine vor den Latz bekommen“! Am 23.01.2015 hatte der ägyptische Imam in der Al-Nur-Moschee Frauen das Selbstbestimmungsrecht auf Körper und Lebensführung in derbsten Worten abgesprochen. FAZ: “Videos davon sind weiterhin im Internet abrufbar, teilweise mit englischen Untertiteln. Auch die Moscheegemeinde verlinkt weiter auf die frauenfeindliche Predigt” …
Gut, dass in diesem Fall der “Türkische Bund Berlin-Brandenburg (TBB) Strafanzeige wegen Beleidigung, Volksverhetzung und des Verdachts der öffentlichen Aufforderung zu Gewalt gestellt” hat. Auch haben einige Zeitungen seine Absetzung als Prediger positiv berichtet, aber die übliche Aufgeregtheit hielt sich in Grenzen.
- Ja, dafür darf es tatsächlich keine Meinungsfreiheit geben!
Laut FAZ hat der Vorstand der Moschee erklärt, der in der Kritik stehende Imam werde keine weiteren Predigten halten. Das ist gut, aber die Leitung der, auch bei Salafisten beliebten, Moschee sollte (ähnlich dem Bremer Presbyterium) klären, ob diese Predigt nach ihrer Auffassung einer möglichen Interpretation des Islam entspricht.
Was nun? Wie weit geht Meinungsfreiheit. Wo muss der Staat eingreifen?
- Solange, wie im Falle “Bremens” eine Religion, ein Lebensstil (oder was auch immer) von einer Person oder Gruppe aufgrund eigener Überzeugung negativ bewertet wird, hat sich der Staat rauszuhalten. Nicht nur jedweder Religion ggü. ungläubige Pariser Karrikaturisten haben ein Recht auf freie Meinungsäußerung. Ob der Allah des Koran der wahre Gott ist, oder der biblische Jahwe muss wirklich dem freien Diskurs und Wettbewerb der Religionen anheim gestellt bleiben!
- Im Falle “Berlins” überschreitet die Religion jedoch die Grenze des Strafgesetzbuches. Hier muss die “Meinungsfreiheit” einer Religion Einschränkungen aufgezeigt bekommen. Christen sollten die ersten sein, die die “alte Toleranz” verteidigen, das jedermann- und frau in unserem Land das (aus ihrer Sicht) falsche glauben darf … – einfach, weil er / sie ein Mensch ist.
In dieser Haltung sollten sich Humanisten und Christen wiederfinden, wenn auch mit dem Unterschied in der Begründung: Christen glauben, dass jeder Mensch im Bilde Gottes geschaffen ist. Das gibt auch unseren “Gegnern” ihre unverhandelbare Würde. Das ist die Grundlage der abendländischen Kultur.