Wer die Kinder früh verwöhnt…

… wird im Alter von ihnen im Stich gelassen. Diese Aussage einer weisen Frau kommt mir immer wieder in den Sinn. Wie kommt es dazu, dass Eltern Kinder verwöhnen? Was motiviert sie dazu? Wie unterscheidet man zwischen Verwöhnung und Zuwendung? Hier sind meine Überlegungen.

Gefunden bei Hanniel bloggt.:

  • http://hanniel.ch/2016/06/17/kolumne-wer-die-kinder-frueh-verwoehnt/

Warum Eltern Kinder verwöhnen

  1. Aus Bequemlichkeit: Manchmal muss man gar nicht zu weit suchen. Es ist anstrengend, sich zum x-ten Mal aufzuraffen, konsequent zu bleiben und etwas einzufordern. Hier sehe ich immer wieder ein seltsames Vorgehen von uns Eltern. Wir ertragen aus Bequemlichkeit zu viel, bis es uns “den Deckel lupft”. Dann schimpfen und drohen wir. Wir lösen die Ankündigung jedoch nicht ein. Daraus entsteht ein unguter Kreislauf.
  2. Aus Angst: In anderen Fällen beschleicht uns die Angst, die Zuneigung des Kindes zu verlieren. Das bedeutet, dass wir von dieser Zuneigung abhängig sind. Es geht also nicht in erster Linie um unsere Schutzbefohlenen, sondern um unsere eigenen Defizite. Dies wird vom Kind oft ausgenützt. Auch hier entsteht ein schädlicher Mechanismus.
  3. Wegen eigenen hohen Ansprüchen: Wer Kinder in die Verantwortung kommen lassen will, der muss seine eigenen Ansprüche tief halten. Es geht darum, dass sich das Kind wichtige Fertigkeiten und Fähigkeiten aneignet. Der eigene Anspruch an Sauberkeit, Ordnung, anständiges Benehmen oder einen guten Ruf nach aussen muss zurückgenommen werden. Wiederum geht es nicht um uns als Eltern, sondern um das Kind!
  4. Aus schlechtem Gewissen: Wenn es in der Ehe kriselt, wenn die Arbeit völlg absorbiert, wenn wir wegen der Weiterbildung noch mehr zu Hause fort sind, wenn wir für unsere Freizeitvergnügen die Kinder im Stich lassen, dann muss es zu einer Ausgleichshandlung kommen. Wir kompensieren unser schlechtes Gewissen.
  5. Weil wir Überfluss haben: Wenn viel Geld und Material vorhanden ist, sinkt die Schwelle für Disziplin, Selbstbeherrschung und Bedürfnisaufschub. Man hat es, warum will man es den Kindern dann vorenthalten? Man ist nur einmal Kind, warum sollte es sich im Moment nicht freuen? Hier wird Vergnügen und Freude verwechselt, schnelle Bedürfnisbefriedigung mit der echter Genugtuung.
  6. Aus Statusbewusstsein: Als Eltern dieses Stadteils ist es normal, für einen Kindergeburtstag so tief in den Sack zu greifen, diese elektronischen Geräte anzuschaffen, diese Markenkleider dem Kind zu ermöglichen etc. Auch hier geht es nicht nur um das vom Kind angemeldete Bedürfnis, sondern um die Furcht der Eltern, gegenüber den anderen “abzufallen”.
  7. Als Ausgleich zur eigenen Jugend: Weil Eltern in ihrer eigenen Jugend knapp gehalten wurden (Geiz ist die andere Seite der Medaille), weil sie sich emotional zu kurz gekommen fühlen, weil sie jetzt anders wollen – darum können sie den Kindern keinen Wunsch abschlagen.

Je länger ich über das Thema nachdenke, desto mehr wird mir bewusst, dass Verwöhnung vor allem mit den Eltern selbst zu tun hat. Was sieht aber wie Verwöhnung aus, ist es aber nicht?

Das ist keine Verwöhnung

  1. Wenn mein Kind in Not ist – emotional oder materiell: Als Eltern sind wir angehalten, auf das Kind zuzugehen. Hier erlebe ich das Gespräch als unumgänglich. Was macht Not? Wie drückt sich diese Not aus? Wir bringen diese Not vor Gott und überlegen uns, wie wir ihr gemeinsam begegnen können. So entstehen gute Ideen, an denen das Kind mitbeteiligt ist.
  2. Um gegen die Normalität zu handeln: Es ist wichtig, immer wieder mal gegen den Regelfall zu handeln und das Kind zu überraschen. In gewissen Situationen kann ich einem Kind den Wunsch erfüllen – nicht aber, weil es mich emotional unter Druck gesetzt hat oder ich aus Kompensation heraus handle.
  3. Zugunsten der Entwicklung des Kindes zurückstehen: Es gibt Projekte und Anliegen, die von uns Eltern ein echtes Opfer (und nicht eine kleine Kompensationshandlung) erfordern. Das hat dann nichts mehr mit Verwöhnung zu tun.
  4. Folgen aus Ungehorsam mittragen: Wenn wir ehrlich sind, tragen wir oft zum Ungehorsam des Kindes bei. Es kann nicht immer die Folgen seines Handelns abschätzen. Dann stehen wir in der Pflicht, den Schaden mitzutragen (und dem Kind seinen eigenen Teil auch zuzuweisen).
  5. In der Erschöpfung auf das Kind zugehen: Manchmal geht es über unsere Kräfte, nochmals auf das Kind zuzugehen. Wir bitten Gott um Kraft, dies trotzdem zu tun. Manchmal können wir es dem Kind auch sagen – nicht um Schuldgefühle zu erwecken, sondern um unsere eigene Abhängigkeit von Gott offenzulegen.

Die Entwicklung des Kindes fördern

Welche Eltern wollen das nicht? Ich sehe verschiedene Möglichkeiten, dies zu tun:

  • Wenn das Kind etwas vergisst, was in seinen Verantwortungsbereich fällt oder nicht gehorcht, dann gleichen wir nicht sofort aus. Es muss die Folgen seiner Handlungen tragen, soweit es dazu in der Lage ist.
  • Das Kind trägt etwas zu seiner eigenen Versorgung und auch zur Versorgung seiner Eltern und Geschwister bei. Es ist sehr befriedigend für das Kind zu merken, dass es gefragt ist und für andere da sein kann. Das sind Fähigkeiten, die es als Erwachsener brauchen wird.
  • Gaukeln wir den Kindern nicht vor, dass wir zu jeder Zeit alles hätten und nichts bedürften. Das entspricht nicht der Wirklichkeit. Nützen wir diese Gelegenheiten um mit den Kindern gemeinsam vor Gott zu treten.

Wer Kinder verwöhnt, tut dies vor allem aus eigensüchtigen Motiven. Er behindert dadurch die Entwicklung des Kindes und bewirkt langfristig das Gegenteil von dem, was er eigentlich beabsichtigt. Er markiert, dass er Gott in seinem Leben nicht wirklich braucht. Wir haben alles, wir sind auf niemand angewiesen.

Der Weg aus der Verwöhnungsfalle

Der erste Schritt aus der Verwöhnungsfalle besteht darin, Gott um Vergebung für das eigene Verfehlen zu bitten. Dies wird oft mit dem Gebet verbunden sein, dass ER dem Ehepartner diese Zusammenhänge auch deutlich werden lässt.

Ein ehrliches Eingeständnis gegenüber dem Ehepartner ist nötig, um eine andere Richtung einschlagen zu können. Das kann mit Beschämung verbunden sein. Jesus bedeckt diese Beschämung, wir müssen uns nicht selbst rechtfertigen.

Drittens ist das ehrliche Gespräch mit dem Kind ein wichtiger Schritt. Wie können wir vom Kind erwarten, dass es uns um Vergebung bittet, wenn wir umgekehrt nicht auch dem Kind sagen, wenn wir gefehlt haben?

Es wird nicht einfach sein, ein neues Verhalten aufzubauen. Es braucht Geduld, denn alte Verhaltensmuster tauchen gerade in Engpässen wieder auf. Ehepartner und Freunde sind, wenn sie miteinbezogen sind, wichtige Helfer auf dem Weg. Vergessen wir dabei nicht die Kinder selbst. Auch sie merken schnell, wenn sich ein altes Muster wieder einschleicht.

Und warum sollen wir nicht auch den Pastor, Älteste oder erfahrene Eltern und Grosseltern in diesen Prozess einbeziehen? Dann wird doch erst spürbar, dass wir als Familie Teil von Gottes Herde sind!