Ron Kubsch hat am 27.06.2017 im TheoBlog unter dem Titel “Die Einrichtung der Ehe” ein interessantes Zitat “aus aktuellem Anlass” gebracht.
Otto Piper (Die Geschlechter, 1954, S. 186–189):
Die Ehe ist eine auf Geschlechtlichkeit beruhende gegenseitige Bindung von Mann und Frau für Lebenszeit. Woher kommt diese dauernde Bindung? Offenbar nicht aus dem geschlechtlichen Verlangen, denn das ist schweifend. Der Ursprung der Ehe ist vielmehr in der Problematik der Geschlechtlichkeit zu suchen. Der vorläufige Charakter der Geschlechtlichkeit, der es nicht zu einer letzten Erfüllung des Lebenssinnes kommen läßt, hat offenbar zur Schaffung der Ehe als einer gesellschaftlichen Einrichtung geführt. Es ist romantische Träumerei, die Einrichtung der Ehe irgendwie auf die geschlechtliche oder persönliche Liebe zurückführen zu wollen, so als hätten die Menschen die Ehe zur sozialen Einrichtung erhoben, weil sie den Wunsch gehabt hätten, einander das ganze Leben lang ihre Liebe zu zeigen. Die förmliche Bundesschließung birgt vielmehr immer auch ein Element des Mißtrauens: man will den anderen Teil binden, damit er auch gegen seinen Willen bei einem bleibe. Gerade von der Erosliebe her wird die Ehe bedroht und unter Umständen aufgelöst. F. W. Schlegel hat mit sicherem Blicke entdeckt, daß diese Liebe, gerade wenn sie echt sein will, treulos sein muß. Denn in ihr liebt man ja nicht die Person des anderen, sondern nur seine leibliche Gegenwart. Da nun jeder Mensch infolge seiner Eigenart begrenzt ist und nur einzelne Seiten der Menschennatur darstellt, wird solche Liebe immer von einem Menschen zum anderen schweben, weil die Gegenwart des ersten Partners auf die Dauer langweilig wird oder einen nicht mehr befriedigt.
In der lutherischen Ethik wird die Ehe im allgemeinen direkt auf die Schöpfung zurückgeführt und daher als eine Schöpfungsordnung angesehen. Als Beweisstellen werden gewöhnlich 1. Mose 2,24 und Mtth. 19,4-5 angegeben. Aber die Art, wie Jesus die alttestamentliche Stelle benutzt, macht die hier vorliegende Zweideutigkeit im Begriff der Ordnung deutlich. Die gegenseitige Zuordnung der Geschlechter, wie Jesus sie versteht, ist nicht eine Sollensordnung, geschweige eine Zwangsordnung. Jesus weist nach, daß die Entsprechung der Geschlechter eine Grundtatsache der Schöpfung ist und daß Ehrfurcht vor dem göttlichen Wirken die Menschen veranlassen sollte, diese Zusammengehörigkeit nicht zu zerstören.
Ende des Kubsch-Zitats von Otto Piper.
brink4u: Piper hatte 1954 natürlich noch nicht die „homosexuelle Partnerschaft“ vor Augen:
- was er evtl. sagen wollte, ist, dass die Segnungen der Ehe genossen werden wollen; auch in Ihrer positiven Bindungswirkung bzgl. des geschlechtlichen Lebens …
- jedenfalls wird nach ihm die Ehe nicht in erster Linie durch Verliebtheit begründet, sondern gerade im Gegenteil durch „Notwendigkeit“: damit die Beziehung auch dauerhaft bleibt …
Bei dem Piper-Zitat musste ich auch an Sören Kierkegaards „Die ästhetische Gültigkeit der Ehe“ denken, die ich in meiner Jugend versucht habe zu lesen. Kierkegaard denkt in Stufen: Ästhetik, Ethik, Religion, Christentum. Dabei ist Ästhetik das „niedrige“, mit dem das „hohe“, die ethische bzw. religiöse Kategorie der Ehe begründet werden soll. Ehe von der Bibel her zu begründen ist laut Kierkegaard leicht. Aber die „Gültigkeit der Ehe“ auch ästhetisch zu verteidigen ist herausfordernd und wird immer schwerer, erst recht, wenn alles gleich ist: statt „Ehe für alle“ dann „Ehe für niemand“ …
Ich denke hier anscheinend doch recht „lutherisch“, oder zumindest „bonhoefferisch“: Ehe als Schöpfungsordnung … – als eines der vier Mandate Gottes (die Arbeit, die Ehe, die Obrigkeit und die Kirche). Und in die Schöpfung passt die „Ehe für alle“ einfach nicht richtig rein. Denn „damals“ (Genesis 1) war es ein Mann und eine Frau, die gemeinsam das Bild Gottes abgaben. Und nur die zwei Geschlechter waren in der Lage das Rad weiter zu drehen …
Wenn die Bundeskanzlerin nun als gute machtpolitische Taktikerin, kurz vor der Sommerpause und dem Start der heißen Phase des Bundestagswahlkampfes (in einem Interview bei einer Illustrierten … – „echt cool“ und staatsmännisch …) das wichtige Thema so nebenbei freigibt, stellt sie im Ergebnis nicht die eingetragenen homosexuellen Lebenspartnerschaften der Ehe gleich, sondern zerstört faktisch die grundgesetzlich garantierte Einzigartigkeit der Ehe zwischen Mann und Frau. – Das fühlt sich nicht gerade „konservativ“ an …
Und die Homo-Lobby scheint ja in ihrer Sexualethik nicht gerade verkrampft zu sein und endlich auf gesellschaftliche „noch-mehr-Anerkennung“ angewiesen zu sein, als sie in der amtl. Lebenspartnerschaft nicht eh schon hat … – Sondern sie will scheinbar im Schulterschluss mit der Genderideologie jedes „natürliche“ und intuitive Wissen um Schöpfung ad absurdum führen. Lustiger Weise sind bei der Genderideologie mittlerweile ein gewisser Richard Dawkins und sein deutscher Kollege Ulrich Kutschera unsere gemeinsamen Kronzeugen gegen die „Genderisten“ … [1] Abschaffung von Mann- und Frausein, Abschaffung von Ehe, Abschaffung von nationalen Identitäten, etc. – Das fühlt sich echt ideologisch an …
In diesem Land leben unzählige heterosexuelle und homosexuelle Paare ohne Trauschein zusammen. Nur wenige [2] homosexuelle Paare leben in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft (die heterosexuellen Personen nicht offen steht …). Wozu eine „homosexuelle Ehe“? Gibt es denn ein ethisches Bedürfnis; etwa auf Anerkennung und „Gleichheit“? Ist es diskriminierend nach links oder rechts abzubiegen, männlich oder verheiratet zu sein? Kann in diesem Land nicht jeder tun und lassen, was er will? Warum kann man nicht die vielgepriesene diversity leben? Ist es tatsächlich das Gleiche, wenn zwei Frauen „heiraten“, wie wenn ein Mann und eine Frau heiraten (mit der Potenz Nachwuchs zu kriegen)? – Wenn alles gleich gültig ist wird alles auch irgendwann gleichgültig …
Dr. Merkel bläst beim Talk der Frauenzeitschrift “Brigitte” zum Wahlkampf … – aber sie sollte dazu in eine andere Partei eintreten!
Anmerkungen:
[1] http://de.richarddawkins.net/articles/kutschera-und-die-gender-ideologen, dort dieses Zitat: Ich finde es insgesamt gut, was Herr Kutschera macht und wie er den Gender-Ideologen auf die Nerven geht. Das habe ich ihm auch gesagt. Gender Studies ist keine Wissenschaft, sondern eine linksradikale politische Ideologie. Gender-„Forscherinnen“ (so gut wie nie männliche Forscher) sind marxistische Ideologen mit politischer Macht, gesellschaftlichem Einfluss und Steuergeldern, die auf ihre Lehrtätigkeiten verteilt werden, wobei sie überhaupt nichts davon durch ihre Leistungen auch nur im Ansatz verdient haben. (…) Die Gender-Ideologie ist wie der Ökologismus und die Identitätspolitik eine neo-marxistische Ideologie, deren Ziel die Zerstörung der bürgerlichen, freien Gesellschaft ist. Darum geht es – und der Rest sind nur Fußnoten.
[2] Im Jahr 2013 waren es ca. 35.000 eingetragene Lebenspartnerschaften = 70.000 Personen; https://www.destatis.de/DE/PresseService/Presse/Pressemitteilungen/zdw/2015/PD15_012_p002.html