R. Zacharias: Ein kurzes Leben …

Nabeel-Qureshi-und-Ravi-ZachariasQuelle: https://www.gesunde-gemeinden.de/artikel/ein-kurzes-leben-2-nabeel-qureshi/

„So lehre uns denn zählen unsere Tage, damit wir ein weises Herz erlangen!“
(Ps 90,12)

Was ist, wenn du nicht älter wirst als Jesus wurde? Woran werden sich die Leute erinnern? Und was, wenn es nicht dich, sondern einen deiner Freunde so früh „erwischen“ würde?

Zwei Männer starben in den letzten Monaten mit 28 bzw. 34 Jahren: Avicii und Nabeel Qureshi. Beide waren sehr begabt und lebten sehr intensiv. Damit erschöpfen sich aber auch schon die Gemeinsamkeiten. Was aus ihrem Leben kann dein Herz weiser machen? – Zwei persönliche Rückblicke.

Im Rennen für Jesus

Als ich Nabeel Qureshi das erste Mal sah, saß er mir gegenüber an einem Tisch und wippte ständig unbewusst mit einem Bein, als wollte er sich für ein Rennen aufwärmen. Eine Angewohnheit, die typisch für sein ruheloses Naturell war.

Und ruhelos war er in der Tat; er hasste es, still zu sitzen. Er war ein Mann mit einer Mission, bereit für den großen Lauf. Unglücklicherweise (zumindest für uns) musste er dieses Rennen viel zu früh beenden, und unsere Herzen sind von tiefer Traurigkeit erfüllt, weil wir einen Menschen verloren haben, der sein Rennen mit unvergleichlicher Energie lief, um das zu tun, was seine Seele erfüllte.

Er war ein gründlicher und tiefgehender Evangelist. Das Evangelium Jesu Christi, wie es im Alten und Neuen Testament offenbart ist, und die Botschaft der Erlösung bedeuteten ihm ungemein viel. Er predigte die Gnade Jesu für ein verändertes Herz.

Als junger Mann kämpfte er lange Jahre dafür, „Rechtschaffenheit vor Gott“ zu erlangen, um am Ende zu erkennen, dass Jesus Christus uns diese Rechtschaffenheit bereits am Kreuz erwirkt hat. Das ist die Kernbotschaft seines Bestsellers „Allah gesucht – Jesus gefunden“.

Quereshi war nicht einfach nur ein Evangelikaler; er war Evangelist aus Leidenschaft. Sein Wunsch war es, die ganze Erde mit der guten Nachricht zu erreichen, dass die Vergebung durch Gott jedem Menschen zur Verfügung steht. Selten habe ich einen Mann gesehen mit einer so tiefer Überzeugung, Leidenschaft und einer solchen Begabung. Bei seinen Vorträgen hingen ihm die Zuhörer an den Lippen.

Vor viereinhalb Jahren lud ich ihn in unser Team bei Ravi Zacharias Ministries (RZIM) ein. Er und ich stellten jeweils eine Bedingung. Seine Bedingung war, dass er nach seinem Beitritt zunächst ein Jahr lang mit mir reisen dürfe, um mich zu beobachten und von mir zu lernen. Meine Bedingung lautete, dass er nach diesem Jahr nach Oxford gehen solle. Ich wollte, dass er seine Promotion abschloss, um auch für die schärfsten Fragen, die einem christlichen Apologeten gestellt werden, gewappnet zu sein – und dass er dabei sanftmütig, respektvoll und lernbereit blieb. Er war einverstanden.

Unerwartete Abkürzung

Er nannte mich „Onkel“. Er wurde Teil unseres Teams. Wo auch immer er hinkam, wollte man ihn erneut haben. Nach jedem Vortrag aßen wir zusammen, und er fragte mich: „Onkel, wie habe ich mich geschlagen?“ Ich bekomme feuchte Augen, wenn ich mich an ein gemeinsames Essen vor etwa einem Jahr erinnere. Nabeel hatte immer einen fast schon beängstigenden Appetit gehabt. Manchmal machte ich in seiner Gegenwart Witze: „Stellen Sie sich nicht hinter ihm beim Buffet an; dann bleibt für Sie nichts mehr übrig.“ Daraufhin musste er schmunzeln. Ach, könnte ich dieses einnehmende Lächeln doch noch einmal sehen! Er brachte es fertig, eine Riesenportion wie eine Vorspeise aussehen zu lassen.

Diesmal fiel mir auf, dass er nur in seinem Essen herumstocherte. Ich fragte ihn: „Nabeel, willst du nichts essen?“ Er antwortete: „Onkel, irgendetwas ist mit meinem Magen nicht in Ordnung.“ Ich wollte wissen, wie lange das schon so ginge, und er erwiderte: „Seit ein paar Wochen.“ Ich drängte ihn, sich durchchecken zu lassen. Er meinte, das habe er vor.

Der Rest ist Geschichte. Er ging zum Arzt. Der war beunruhigt, und die erste Diagnose lautete Magenkrebs – vermutlich Stufe 4. Das haute uns um. Es stellte unsere Gutgläubigkeit auf die Probe. Wir waren schockiert. Für die Behandlung zog er nach Houston. Dennoch verschlechterte sich sein Zustand zusehends. Innerhalb weniger Monate war klar, dass sein Ende nahte. Und doch war er weiterhin davon überzeugt, dass Gott ihn in den Händen hielt.

Im Mai sagte er zu mir: „Onkel, kann ich noch eine Reise mit dir unternehmen? Mir fehlt es, mit dir gemeinsam unterwegs zu sein.“ Ich erwiderte: „Nabeel, wenn dein Arzt einverstanden ist, gerne! Wir kommen für deine Reisekosten auf.“ Ich nahm ihn mit nach Malaysia. Sein Körper war zwar geschwächt, seine Leidenschaft jedoch ungebrochen und seine Sprache wortgewaltig. Durch sein Zeugnis kamen viele Menschen zum Glauben an Jesus. Seine Antworten auf die Fragen der Zuhörer waren immer tiefgründig und überzeugend. Jede Antwort wurde mit Applaus bedacht. Er führte Gespräche unter vier Augen und betete auch unter vier Augen mit Leuten. Sein Glaube an den einen wahren Gott und den einen Weg zur Erlösung waren Teil seiner geistlichen DNA. Bei unserem letzten gemeinsamen Essen in Kota Kinabalu, Malaysia, kurz vor seiner Abreise, hatte ich das Gefühl, dass dies unser „Abschied“ sein würde. Ich kämpfte mit den Tränen.

Auch beim Schreiben dieser Worte kann ich die Tränen kaum zurückhalten. Es ist schwer zu glauben, dass Nabeel Qureshi uns so früh (viel zu früh!) verlassen hat. Ich erinnerte ihn einst daran, dass er genauso alt wie unser Herr war, als dessen irdischer Dienst beendet war. In ähnlicher Manier kam Nabeel wie ein Blitz, erleuchtete den Nachthimmel und kehrte dann zu dem Einen zurück, der ihm die Kraft für sein Wirken verliehen hatte.

Am Ziel

Nabeel, nie mehr werde ich hören, wie du mich „Onkel“ nennst. Das wird mir fehlen. Doch wenn wir uns eines Tages wiedertreffen, wirst du mich „Bruder“ nennen – denn wir beide dienen unserem himmlischen Vater, der uns als seine Kinder angenommen hat.

„Was kein Auge gesehen und kein Ohr gehört hat und in keines Menschen Herz gekommen ist, was Gott denen bereitet hat, die ihn lieben“, sagte der Apostel Paulus, der einen Blick auf den auferstandenen Jesus erhascht hatte. Nabeel ist jetzt bei ihm.

Er erzählte mir, wie weh es ihm tat, seine Frau Michelle, seine kleine Tochter Ayah und seine Familie verlassen zu müssen. Dieser Abschied war ungemein schmerzhaft. Doch sein Leiden ist nun vorüber, und der, der alle Tränen abwischt, hat ihn willkommen geheißen. Daher trauere ich nicht um ihn.

Ich trauere um unsere zerbrochene Welt voller Hass und Zerstörung. Der Krebs, den wir in uns tragen, heißt „Sünde“. Eine solche Diagnose behagt uns nicht, doch sie bringt uns um. Nabeel hatte recht mit seiner Botschaft, dass Gott seinen Sohn gesandt hat, um uns von dieser Krankheit zu heilen. Solange wir die gute Nachricht allerdings nicht beherzigen, wird sie uns weiterhin töten. Mögen wir uns von Gott daran erinnern lassen, dass Krankheiten, die den Körper töten, nebensächlich sind. Die Krankheit dagegen, die die Seele tötet, ist ewig. Mehr als alles in der Welt würde Nabeel wollen, dass wir diese Botschaft Jesu weiterhin in die Welt tragen und diese dadurch verändern. Erst dann begreifen wir, dass die traurige Nachricht vom Tod Nabeels nur eine zeitweilige ist. Die gute Nachricht seines Lebens dagegen ist ewig.

Seine Botschaft besteht weiter. Er hat drei unglaublich gute Bücher geschrieben: Allah gesucht – Jesus gefunden, Dschihad und der Islam sowie Islam oder Christentum? Ist Jesus wirklich Gott? – Als ich kürzlich im Irak war, erzählte mir jemand, wie sehr ihn diese Bücher in seinem Leben beeinflusst hätten. Nabeel und ich waren dabei, gemeinsam mit den Augen von Menschen östlicher Kulturkreise ein Buch über Jesus zu schreiben. Seine Augen haben seinen Herrn inzwischen gesehen. Ich werde beim Schreiben meine Fantasie gebrauchen müssen.

Ich vermisse dich, mein lieber Freund. In diesen wenigen Jahren habe ich so viel von dir gelernt: dass wir unser Rennen mit Leidenschaft laufen und dass wir uns eines Tages voneinander würden verabschieden müssen. Ich werde dich nie vergessen. Vielen Dank, dass du diese unvergesslichen Jahre mit uns verbracht hast. Leider waren es zu wenige.

Der Dichter Henry Wadsworth Longfellow fasste die biblische Botschaft treffend zusammen:

Das Leben ist wirklich!
Das Leben ist ernst!
Und das Grab ist nicht sein Ziel.

Alles ist aus dem Staub geworden,
und alles kehrt zum Staub zurück,
doch das gilt nicht für die Seele.

Bis bald, mein lieber Nabeel.
Dein „Onkel“ und „Bruder“
Ravi

Hier ein englischer Nachruf mit mehr Informationen über sein Leben und einigen Videos von ihm.

Autor
Ravi Zacharias (1946 in Indien geboren) ist ein kanadisch-US-amerikanischer Apologet, Autor und Gründer und Vorsitzender von Ravi Zacharias Ministries (RZIM).’
Bücher von Nabeel Qureshi

Allah gesucht, Jesus gefunden  Dschihad und der Islam  Islam oder Christentum: Ist Jesus wirklich Gott?