Die diesjährige “Jahreslosung” hat es in sich:
Jesus Christus spricht: “Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen.”
Zunächst mal, weil dieser Bibelvers eine umfassende Einladung und herzliche “Verheißung” ausdrückt: Jesus offenbart Gottes einladende Haltung und sichert zu, dass wirklich jeder willkommen ist und nicht mit einer Abfuhr rechnen muss.
Irritierend nur, dass in aller Regel der erste Teil des Verses weggelassen wird (der es aber auch wirklich “unnötig” kompliziert macht …) – wörtlich lautet Joh 6,37 (REÜ):
“Jesus sprach zu ihnen: (…)
Alles, was mir der Vater gibt, wird zu mir kommen, und wer zu mir kommt, den werde ich nicht hinausstoßen”. (Joh 6,35.37)
Was denn: sollen wir nun kommen – alle? Oder, sind wir “willenlose” Geschenke des Vaters an den Sohn? – C.S. Lewis hat diese Spannung grandios und kindgerecht verarbeitet: in der Kinderstunde der Teenies laß meine Frau heute aus dem sechsten Band der Narnia-Serie: Der silberne Sessel …
Jill und Eustachius sind in “der anderen Welt” unterwegs, als sie plötzlich vor einem endlos tiefen Abgrund stehen. Eustachius fällt wegen Jill’s Angeberei in den Abgrund hinein. Jill kommt völlig fertig an einer Wasserquelle ins Gespräch mit Aslan (den Löwen) … – Jill hat Durst; und: Angst!
Nachdem Jill von Aslan zur Einsicht über ihr Fehlverhalten geführt wurde (nebenbei: Eustachius wurde von Aslan gerettet), entspinnt sich folgender Wortwechsel:
Aslan: “… durch das was du getan hast, wird deine Aufgabe schwerer werden”
“Welche Aufgabe bitte, Herr?” fragt Jill
“Die Aufgabe, um derentwillen ich dich und ihn aus eurer Welt gerufen habe.”
Das verwirrte Jill sehr. “Er muss mich mit jemand verwechseln”, dachte sie. Sie wagte nicht, dies dem Löwen zu sagen, …
“Sprich aus, was du denkst, Menschenkind.”, sagte der Löwe
“Ich habe überlegt … ich meine … liegt da vielleicht ein Irrtum vor? Weißt du, uns hat nämlich keiner gerufen. Wir haben darum gebeten, hierkommen zu dürfen. Eustachius sagte, wir müßten … einen Namen rufen – jemand, den ich nicht kannte -, und dieser Jemand würde uns vielleicht hierher kommen lassen. Und das taten wir, und dann fanden wir die Tür offen.”
“Ihr hättet mich nicht gerufen, wenn ich euch nicht gerufen hätte”, sagte der Löwe.
“Dann bist du also dieser Jemand, Herr”, fragte Jill?
C.S. Lewis, Der silberne Sessel (Moers: Brendow, 19982), Seite 22
Ohne einer bestimmte Theorie bzgl. “Erwählung” zu folgen: die Texte im NT heben diese Spannung nicht nur nicht auf, sondern kontrastrieren sie geradezu bewusst! Neben Johannes 6 auch in Matthäus 11: Soeben hat Jesus die Städte seines Wirkens getadelt (“Wehe dir, Chorazin! Wehe dir, Betsaida!”, Matth 11,21) und Tyrus und Sidon (ja sogar Sodom) als Waisenknaben gelobt (denen es im Gericht besser ergehen werden, als den Erstgenannten und Kapernaum), um dann in diesen Lobpreis auszubrechen, …
Zu jener Zeit begann Jesus und sprach: Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, dass du dies vor Weisen und Verständigen verborgen und es Unmündigen offenbart hast. 26 Ja, Vater, denn so war es wohlgefällig vor dir. 27 Alles ist mir übergeben worden von meinem Vater; und niemand erkennt den Sohn als nur der Vater, noch erkennt jemand den Vater als nur der Sohn, und der, dem der Sohn ⟨ihn⟩ offenbaren will. 28 Kommt her zu mir, alle ihr Mühseligen und Beladenen! Und ich werde euch Ruhe geben. 29 Nehmt auf euch mein Joch, und lernt von mir! Denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig, und »ihr werdet Ruhe finden für eure Seelen «; 30 denn mein Joch ist sanft, und meine Last ist leicht. (Matth 11,25-28)
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