CSD – Grenzverletzung und Instrumentalisierung
Aufgrund der immer offeneren Präsentation sexueller Vorlieben und Spielarten am „Christopher Street Day“, kommt seit einigen Jahren selbst aus der schwulen Community vorsichtige Kritik. Daran, dass zahlreiche Teilnehmer halb nackt oder mit offen anzüglichen Gesten auftreten, hat man sich bereits gewöhnt. Ältere Leute oder Eltern mit Kindern fühlen sich zwischenzeitlich aber doch unwohl, wenn eben nicht nur Plakate, Fahnen und freizügig gekleidete Menschen zu sehen sind.
Heute ist der in vielen Städten Europas organisierte „Christopher Street Day“ ein Groß- Event zur Feier freier Sexualität. Seinen Namen hat der „Christopher Street Day“ von einer Razzia der New Yorker Polizei im Schwulenviertel der Stadt. Im Juni 1969 kam es zum Stonewall- Aufstand, zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Mitgliedern der Schwulen- Community und der Polizei. In Erinnerung an diese Ereignisse und zur öffentlichen Förderung sexueller Gleichberechtigung hatte man den „Christopher Street Day“ ins Leben gerufen, der ab Ende der 1970er Jahre auch in immer mehr europäischen Großstädten durchgeführt wurde.
Da sexuelle Vielfalt von den meisten Deutschen zwischenzeitlich nicht mehr kritisch gesehen wird, sondern eher zum Mainstream geworden ist, geht es beim „Christopher Street Day“ heute nicht mehr so sehr um Gleichberechtigung, sondern eher um eine sexuell orientierte Mega- Party. Unterstützt von fast allen Medien, Politikern, Schauspielern und Künstlern muss jedes Jahr intensiver nach Beispielen von Diskriminierung gesucht werden, um weiterhin einen gewissen Opferstatus begründen zu können.
Schon lange geht es beim „Christopher Street Day“ nicht mehr nur um Homosexuelle, sondern auch um viele andere Spielarten der Sexualität, insbesondere um Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgender, Intersexuelle und Polysexuelle. Zwischenzeitlich wird der Sex- Event beispielsweise in Berlin von rund 600 000 Besuchern gefeiert. Durch seine große mediale Präsenz setzt die Veranstaltung Standards für das öffentlich akzeptable Denken über Sexualität und Partnerschaft.
Weil die sexuelle Vielfalt und Freizügigkeit heute zum weitgehend anerkannten Mainstream gehört, wird der „Christopher Street Day“ immer stärker für Werbung genutzt. Wer nicht schlecht angesehen werden will, ist heute fast verpflichtet eine Regenbogenfahne zu hissen und seine Zustimmung zu beteuern. Selbst Baumärkte und Versicherungsgesellschaften werben mit Fahnen und Sympathiekundgebungen. Die wenigen ernstzunehmenden Kritiker werden entweder totgeschwiegen, lächerlich gemacht oder öffentlich diffamiert. Die ehemals selbst unterdrückte Gruppe greift heute oft zu denselben Strategien, mit denen sie ehemals angegriffen wurde, um jetzt ihrerseits diejenigen zu bekämpfen, die nicht ihre Meinung teilen. „Bunt“ meint nicht mehr wirkliche Toleranz und Freiheit, sondern steht vor allem für das eigene Konzept sexueller Freizügigkeit.
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