Vor kurzem hat die ZEIT einen Meinungsartikel gebracht, in dem Mariam Lau die Frage kritisch betrachtet, inwieweit die privaten, bzw. NGO-Rettungsschiffe das Flüchtlingsproblem (die gefährliche Überfahrt über das Mittelmeer) ggf. verstärkt.
Die Kritik der (noch herrschenden) linken Meinungsmacht in der Presse war so scharf, dass sich die ZEIT genötigt sah die Reißleine zu ziehen und sich faktisch zu entschuldigen:
Was haben wir gelernt? Das Jahrhundertthema Flucht setzt Europa unter hohen moralischen und politischen Druck, es fordert auch unseren Journalismus ungemein. Wir haben uns vorgenommen, es in Zukunft wieder besser zu machen.
Anstatt die Redakteurin zu schützen, ggf. Mißverständnisse zu klären und so die Meinungsfreiheit zu verteidigen, sah sich die Chefredaktion genötigt zurückzurudern …
Der grüne OB Boris Palmer (Tübingen; https://www.zeit.de/2018/30/private-seenotrettung-pro-contra-zeit-debattegen) hat in FB (wieder mal) in einen hilfreichen Artikel die gesellschaftspolitischen Folgen aufgezeigt; er kommentiert den 2. ZEIT-Artikel unter dem Motto “Entschuldigungsrituale und böswillige Missverständnisse“:
Der Text von Mariam Lau hat glasklar dafür plädiert, sich der Kehrseite eine privaten Seenotrettung bewusst zu werden, die wesentlich dazu geführt hat, dass Italien heute eine nahezu verrückte Regierung hat, die nicht nur alle Häfen sperrt, sondern Europa gefährdet und gemeinsam mit anderen rechten Regierungen an einer Festung Europa arbeitet, in der man nebenbei mal die Sinti zählen kann.
Mit keinem Wort wurde in diesem Beitrag angedeutet, dass man die Menschen im Meer ertrinken lassen soll. Es war ein Plädoyer für eine staatlich organisierte Kontrolle des Mittelmeers mit dem Ziel, niemand mehr ertrinken zu lassen. Denn was die privaten Seenotretter übersehen ist eben, dass sie zwar viele retten, aber auch viele ertrinken, weil sie in der Hoffnung auf Rettungsschiffe in Boote steigen, die niemals wieder an Land kommen können. Das geht eben nicht immer gut.
Wenn die Chefredaktion sich nun für etwas entschuldigt, dass nicht da stand, das offenkundig nicht gemeint war, von dem sie selbst nochmals beteuert, dass niemand meint, und das nur dazu diente, die Kritik an jeder Kritik der Seenotrettung mit moralischer Wucht auszustatten, auf dass sie für immer verstumme, dann muss man der Chefredaktion in ihrer eigenen Logik auch einen Vorwurf machen, wie ihr Text verstanden werden kann:
Mariam Lau, die Autorin, ist in den letzten sieben Tagen nicht nur von moralischen Fundamentalisten beinahe gesteinigt worden, es ging hin bis zu offen Tötungsaufrufen und übelsten Beleidigungen. Indem die Chefredaktion dazu nicht ein Wort sagt, könnte man schlussfolgern, dass sie das hinnimmt. Mehr noch. Man könnte sagen, eine Chefredaktion billigt übelste Angriffe auf die eigene Redaktion, wenn sie sich bei empfindlichen Lesern entschuldigt, die angeblich nicht in der Lage sind, zu erkennen, dass niemand vorgeschlagen hat, Menschen ertrinken zu lassen, aber kein Wort findet, um diese Angriffe zurück zu weisen. Und da es in dieser Debatte mal wieder darum geht, dass Leser empört waren, frage ich: Wo bleibt die Empörung über die Empörten, denen jedes Mittel Recht ist, um andere Meinungen als ihre eigene in den Dreck zu ziehen?
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