Ein Spiel mit Nähe und Distanz
Einleitung
Als Kind war “die unendliche Geschichte” eines meiner Lieblingsbücher. Etwa in der Mitte des Buches findet sich der 11-jährige Bastian in einer riesigen Wüste voller farbiger Sandhügel wieder. Er kann sich nicht erklären, wie diese Wüste entstanden ist und warum dort absolut nichts Lebendiges zu finden ist. Kurze Zeit später trifft er auf einen gewaltigen und furchteinflößenden Löwen, der sich als der “Schöpfer” dieser Wüste herausstellt. Dieser Löwe hat so eine schreckliche Macht, dass alles in einem Umkreis von vielen Kilometern sofort zu Staub zerfällt. Nur Bastian, der einen besonderen Schutz in Form eines Amuletts um seinen Hals trägt, kann ihm begegnen. Bastian freundet sich mit dem Löwen an. Sie essen und baden zusammen und Bastian lernt die Weisheit, aber auch die Einsamkeit des Löwen, kennen. Während all dieser Zeit ist ihm bewusst, dass nur der Schutz um seinen Hals ihn bewahrt, aber ihre Beziehung ist neben Ehrfurcht vor allem von Nähe und Freundschaft geprägt. Am Abend, als der Löwe einschläft und wie jede Nacht langsam zu Stein erstarrt, schläft der kleine Junge zwischen den riesigen Tatzen dieses gewaltigen Löwen ein.
Hinführung zum Thema
Auch wenn dieses Bild in einigen Punkten nicht ganz passt, finde ich hier viele spannende Parallelen zum Thema Gottesfurcht wieder. Insbesondere diese Spannung zwischen Nähe und Distanz. Der Löwe ist völlig anders als Bastian. Viel größer, viel gefährlicher und er hat eine Herrlichkeit, neben der nichts anderes bestehen kann. Aber er ist durch diesen besonderen Schutz, den Bastian trägt, auch nahbar. Er ist Bastians Freund, er sucht die Gemeinschaft. Bastian schläft sogar in seinen Armen ein. Diese Spannung aus Distanz und Nähe drückt ganz viel von dem aus, was Gottesfurcht so spannend und gleichzeitig so schwierig macht. Wir wollen Gott mit Ehrfurcht begegnen und unsere Ehrfurcht scheint sich zu vergrößern, je mehr wir die Distanz von Gott zu den Menschen deutlich machen. Gleichzeitig aber möchten wir Gott nahe sein und Distanz ist genau das Gegenteil davon. Müssen wir dafür unsre Ehrfurcht wieder “herunterschrauben”? Oder können Distanz und Nähe in einer gesunden Ehrfurcht miteinander harmonieren, so wie in der Geschichte von Bastian und dem Löwen? Wie macht die Bibel diesen vermeintlichen Spagat deutlich? Für mich wird die natürliche Distanz in zwei Aspekten besonders klar:
Gottes Herrlichkeit
Die Bibel beschreibt die Herrlichkeit Gottes als ein verzehrendes Feuer (2.Mose 24,17). Gott verbirgt sein Angesicht vor Mose, damit er nicht stirbt (2. Mose 33,20). Hesekiel ist eine Woche lang wie betäubt, nachdem er die Vision von Gottes Herrlichkeit gesehen hat (Hesekiel 3,15). Paulus fragt rhetorisch, wer denn jemals Gottes Gedanken ganz verstehen könnte oder ihn gar beraten könnte (Römer 11,33-36). Hier erscheint uns Gott als mächtiger und herrlicher König und wir Menschen als kleine und demütige Geschöpfe.
Gottes Heiligkeit
Aber Gott ist nicht nur gewaltig, er ist auch moralisch vollkommen und ganz ohne Sünde, ganz anders als du und ich. Er hasst die Sünde (Spr. 6, 16-19) und in seiner Gegenwart kann keine Unreinheit bestehen (Jesaja 6,5). Wir gehen oft faule Kompromisse ein, aber Gottes Wünsche und seine Anliegen sind immer gut, richtig und rein. Er wünscht sich von seinem Volk, dass auch sie heilig sind (3. Mose) und ihn widerspiegeln. Eine Aufgabe, die sowohl für das Volk als auch für uns kaum zu erfüllen ist. Hier erscheint uns Gott als guter, gerechter und heiliger Richter und wir Menschen als selbstsüchtige und unreine Sünder.
Gleichzeitig macht die Bibel deutlich, dass gerade in diesen beiden Aspekten Gott die Distanz zu uns Menschen überbrückt, ohne etwas von seiner Herrlichkeit oder auch seiner Heiligkeit einzubüßen. Weiterlesen im Original: https://www.steps-leaders.de/beitrag/ein-spiel-mit-naehe-und-distanz
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